Work-Life-Balance

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Mythos oder Methode?

Gibt es so etwas wie „Feierabend“ eigentlich? Kann man heute immer noch sinnvoll zwischen Arbeit und Freizeit unterscheiden? „Früher war alles besser.“ Da hat man von neun bis fünf gearbeitet, ist dann nach Hause gegangen und hatte Feierabend. Freizeit war klar von der Arbeit getrennt. Unser „Life“ und unsere „Work“ waren in „Balance“. Sicherlich entspricht diese plakative Darstellung nur eingeschränkt der Realität, jedoch wird in der Tat diese klassische Trennung zwischen Arbeit und Freizeit immer schwieriger. Diese Unterscheidung kann man bis heute an unseren Städten ablesen, diese sind in Wohn- und Gewerbequartiere unterteilt. Früher war Arbeit in aller Regel örtlich gebunden, zeitlich klar definiert und vor allem langfristig angelegt. Heute geht der Trend zum sogenannten Home-Office und Projektarbeit nimmt zu. Sie ist z.B. digital, zeitlich entgrenzt und nicht an einen festen Ort gebunden. Das gilt natürlich für unterschiedliche Berufe in unterschiedlichem Maße.

Keine starre Trennung mehr

Wenn wir hierüber und über die Arbeit der Zukunft sprechen, kommen wir um ein weiteres Stichwort nicht herum: “Flexibilisierung”. Egal ob es um das Wann, Wie, Wo oder Wer geht, Flexibilisierung bestimmt die moderne Arbeit in fast jeder Hinsicht. Welche Folgen hat das für die viel beschworene Work Life Balance und vor allem für jeden Einzelnen? Die digitale Infrastruktur gibt immer mehr Menschen die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten. Das ist zunächst einmal fantastisch und kann auch eine große Erleichterung sein, wenn man zum Beispiel nicht mehr pendeln muss. Für manche eröffnet das Home-Office sogar erst die Möglichkeit wieder zu arbeiten, bspw. bei körperlicher Einschränkung. Aber die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten, ist nicht in jeder Hinsicht positiv, denn natürlich wird hier die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verwässert. Die Kontrolle der eigenen Produktivität wird schwieriger. Es kann sich das Gefühl einstellen, nie wirklich frei zu haben, was dann wiederum zu Stress führt – es tritt das Gegenteil dessen ein, was ursprünglich beabsichtigt war. Zum anderen haben sich Kommunikationswege immer weiter vereinfacht und sind von überall her zugänglich. Schon mit Aufkommen der E-Mail wurde diese Ambivalenz deutlich. E-Mails sparen Zeit und Kosten, aber gerade die starke Vereinfachung der Kommunikation führt dazu, dass man in einer Flut aus Mails ertrinkt. Smartphones verstärken diesen Effekt, da sie ermöglichen Mails, Nachrichten und Anrufe überall und jederzeit zu empfangen und zu senden. Die Digitalisierung hat die Kommunikation unwahrscheinlich beschleunigt und damit neue Stressfaktoren geschaffen. Und wie beim Home-Office wird aus der Möglichkeit erreichbar zu sein, schnell die Pflicht erreichbar sein zu müssen.

Eigenverantwortlichkeit ist gefragt

Ein weiter Aspekt modernen Arbeitens ist die gestiegene Selbstbestimmung und Eigenverantwortung am Arbeitsplatz. So erscheint eine freie Zeiteinteilung die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Vorausgesetzt natürlich, man hat ein funktionierendes Zeitmanagement. Mehr Eigenverantwortung am Arbeitsplatz führt zu mehr Identifikation mit seiner Arbeit, das steigert die Motivation und Produktivität – ein Gewinn für das Unternehmen, wie auch den Angestellten. Es birgt aber auch die Gefahr der Selbstausbeutung, wir achten weniger darauf, ob Arbeit und Lohn in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Gerade in der Selbstständigkeit lässt sich teilweise kaum noch unterscheiden: Gehört zum Beispiel die Pflege von digitalen Sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Xing noch zur Arbeit oder ist es eine Freizeitbeschäftigung? Die Pflege des digitalen Selbst ist in zunehmendem Maße mitentscheidend über den beruflichen Erfolg.

Balance oder Blending?

Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen „öffentlich“ und „privat“ verschwimmt zunehmend – man nennt dieses Phänomen Work-Life-Blending (die Vermischung von Arbeit und Freizeit) und stellt einen Gegenentwurf zur Work-Life-Balance dar. Sie trennen nicht mehr, sie vermischen! Kollegen werden zu Freunden, kommunikative Bedürfnisse werden auch am Arbeitsplatz gelebt und professionelle Distanz wird zu Nähe. Das bricht zwar Hierarchien auf, jedoch sind moderne Unternehmensformen immer weniger auf Hierarchien im klassischen Verständnis angewiesen. Für die Unternehmen liegt hier die Chance, Arbeitnehmer viel stärker an sich zu binden, als es früher jemals möglich war. Ganz gleich, ob Work-Life-Balance oder -Blending. Egal, ob Home-Office oder klassischer Arbeitsplatz: Die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen ist grundlegend positiv und in manchen Fällen sogar integrativ. Die Gefahr, sich in einem Arbeitsmodell wieder zu finden, mit dem man nicht umgehen kann, ist jedoch größer geworden.

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